Ötztaler Mopedmarathon: Als ich mit einem Moped über die Alpen fuhr.

von Elisa | take an adVANture

Ötztaler Mopedmarathon. Ich kann mich noch gut an eine Zeit aus meiner Jugend erinnern. Ich war 16 und die Jungs in meinem Alter fuhren auf ihren getunten Mopeds durch die Dörfer in meiner alten Heimat. Allen voran mein heimlicher Schwarm auf seiner blauen Simson S51. Zwischen damals und jetzt liegen mittlerweile einige Jahre, mein Schwarm ist inzwischen mein Ehemann, aber die Simme gibt es noch immer.

Meine Faszination für alles Motorisierte, ob groß oder klein, alt oder neu, zwei- oder vierrädrig, ist nicht neu. Die Zahl an Autos, die ich über die letzten Jahre durch diverse Länder gefahren bin, kann ich nicht einmal mehr grob überschlagen. Von Dacia und Holden, über VW und Volvo, bis hin zu Magirus und Ford war alles dabei. Roadtrips sind mein Leben, meine Leidenschaft, meine Freiheit. Und ich bin froh über meinen engen Freundeskreis, der zum einen diese Leidenschaft teilt und zum anderen auf immer wieder neue verrückte Ideen kommt. Wie zum Beispiel mit alten 50ccm Mopeds innerhalb eines Tages über die Alpen zu fahren.

 

Ötztaler Mopedmarathon – Alpenluft und Zweitaktduft.

Der Ötztaler Mopedmarathon fand dieses Jahr bereits zum sechsten Mal statt. Waren es 2013 noch sechs Fahrer, sind es Ende Juni bereits 1807 Teilnehmer gewesen. Eintausendachthundertundsieben! Und meine Freunde und ich mittendrin.

Start- und Zielort der Tour war Sölden im Ötztal, dazwischen befanden sich 238km, 5500 Höhenmeter, 4 Bergpässe und schönstes Alpenpanorama. Auf was ich mich da eingelassen hatte, das konnte ich vorher noch nicht einmal erahnen. Kühtai, den Brenner, den Jaufenpass und das Timmelsjoch kenne ich zwar von einigen Roadtrips oder Wanderungen, alles zusammen habe ich aber noch nie innerhalb eines Tages bezwungen. Und ich kann euch bereits verraten: Was für ein Ritt!

⇒ Infos über weitere Termine, Anmeldung, Rückblicke und FQA findet ihr auf der Webseite vom Ötztaler Mopedmarathon oder via Facebook.

 

Die Gletscherausfahrt.

Ich saß vorher kaum auf einem Moped. Ganze 60 Kilometer bin ich zum Üben mit meiner PBR 50 durchs Allgäu getingelt, habe ungewollt einen Burn-Out hingelegt und den Motor nicht nur einmal abgewürgt. Da kam mir die Gletscherausfahrt am Tag vor dem eigentlichen Ötztaler Mopedmarathon recht gelegen.

Freitag, 14 Uhr: Der erste Test für Mensch und Maschine. Knapp 1000 Mopeds starteten über die gesperrte Dorfstraße in Sölden auf dem Weg zum Rettenbach- und Tiefenbachgletscher. Statt frischer Alpenluft atmete ich auf einmal den blauen Dunst mehrerer Zweitakter ein, ich überholte einige Wikinger, bis plötzlich Pinky und Brain an mir vorbeizogen. Der vierte Gang wurde gleich auf den ersten 100 Metern vom dritten abgelöst, bis kurz darauf der zweite folgte.

Oetztaler Mopedmarathon auf der Hochalpenstrasse bei SoeldenMoped auf dem Weg zum Tiefenbachgletscher

Gerade auf den ersten Kilometern bestand die Aussicht nach vorn, hinten und zur Seite einzig aus einem riesigen Knäuel an Mopeds. Langsame Fahrer vor mir und schnellere von hinten ließen kaum Überholmanöver zu, erst an der Mautstation entzerrte sich das Bild etwas. Oberhalb der Baumgrenze hatten wir eine unverstellte Sicht auf die umliegenden 3000er und auf die steile Straße, die sich mit 13% Steigung an den Bergflanken entlang schlängelte.

Von da an wechselte sich der erste Gang mit zahlreichen Stopps ab, um die fantastische Aussicht auch gebührend zu würdigen. Ich merkte, wie die Sonne vom blauen Himmel auf mein Gesicht brannte, gekühlt vom Fahrtwind bei 10km/h. Mein Moped gab alles, kam aber bei der Steigung und der geringen Laufleistung schon an seine Grenzen – umrahmt von einer knatternden Geräuschkulisse.

Blick auf die Station am TiefenbachgletscherMopeds am Tiefenbachgletscher

Oben angekommen wartete noch die letzte Hürde auf uns – der Rosi-Mittermaier-Tunnel auf über 2.800m Höhe, mit einer Länge von 1.729m. Temperaturen um den Gefrierpunkt ließen Gesicht und Hände schmerzen, tief Luft holen wollte und konnte man in der stockfinsteren und abgasgeschwängerten Röhre auch nicht unbedingt. Hatte ich vor der Tunneleinfahrt schon das Gefühl, dass die Aussicht nicht noch schöner werden konnte, wurde ich bei der Ausfahrt eines Besseren belehrt – Alpenpanorama par excellence!

Wir hatten das Tagesziel erreicht, zurück ging es auf dem gleichen Weg. Am Campingplatz stellten wir dann etwas erschrocken fest, dass wir ganze 30km gefahren sind – fast das Zehnfache wartete am nächsten Tag auf uns!

 

Der Ötztaler Mopedmarathon – mit dem Moped über die Alpen.

Wenn ich mich an das Gefühl von diesem Morgen zurückerinnere, dann fällt mir erst einmal nur eins ein: speiübel … vor Aufregung. Es ist 5.00 Uhr am Morgen als der Wecker klingelte. Die Sonne versteckte sich noch hinter so einigen Bergspitzen und die 5 °C Außentemperatur machten das Aufstehen nicht gerade leichter. Ich schlüpfte in diverse Lagen Hosen, T-Shirts, Pullover, Halstücher und Handschuhe, stieg auf mein Moped und fuhr zusammen mit den Jungs in Richtung Startaufstellung.

Vespa mit Tuch vom Oetztaler Mopedmarathon

Punkt 6.00 Uhr fiel der Startschuss. Hunderte Motoren dröhnten im Leerlauf oder wurden durch beherztes Gas geben im Stand am Laufen gehalten – Abgasluft auf nüchternem Magen. Beim Einkuppeln in den ersten Gang machte meine PBR50 immer einen kleinen Satz nach vorne, als könnte sie es nicht erwarten, bis es endlich losgeht. Und so fuhren wir an, zuerst noch in einem großen Pulk startend, bald schon aber, der STVO entsprechend, aufgereiht hintereinander.

 

Sölden – Kühtai.

Die ersten 30km in Richtung Oetz verliefen beinahe eben und kurvenarm. Eigentlich perfekt, um aus den Mopeds alles herauszuholen, was in ihnen steckte. Wäre da nicht die Kälte gewesen, die durch alle Lagen Stoff kroch und es sich an den Händen, den Oberschenkeln und im Gesicht gemütlich machte.

Wir waren zu vierzehnt unterwegs, haben uns aber bereits auf den ersten Metern nach dem Start verloren. Trotzdem schafften wir es im Laufe des Tages immer wieder, uns nach einer gewissen Zeit wiederzufinden, gemeinsam eine Pause zu machen und die letzten Kilometer Revue passieren zu lassen. So auch auf unserem Weg nach Kühtai, nachdem wir auf 17km Länge knapp 1.200 Höhenmeter bei einer Steigung von 18 % zurückgelegt haben. Die Sonne blinzelte so langsam hinter den Bergen hervor und die erste Lichtung am Straßenrand nutzten wir, um uns von den Sonnenstrahlen aufwärmen zu lassen und über den steilen Anstieg zu philosophieren.

Kuehtai waehrend des Oetztaler MopedmarathonsPBR 50 als Moped fuer den Oetztaler Mopedmarathon

In Kühtai angekommen, dem ersten der drei Checkpoints, ließen wir uns Kaffee und Tee schmecken und merkten jetzt so langsam, was für ein unglaublich genialer Tag das werden wird.

 

Kühtai – Brenner.

Die erste 2000er Marke hatten wir also geknackt, von jetzt an ging es wieder bergab. Eine Herde Haflinger zwang uns auf unserem Weg Richtung Innsbruck zum Anhalten, als sie vor uns über die Straße trabte. Eine fast schon surreale Szenerie, mit den saftig grünen Bergflanken rechts und links von uns, den Tieren im Vordergrund, umgeben von gut einem Dutzend wartender Mopeds. Ich war in dem Moment nicht die einzige Person, bei der ein Lachen unter dem Helm hervordrang.

Wir passierten noch einige Kühe, bis wir wieder Zivilisation erreichten. Einhergehend mit dem entsprechenden Straßenverkehr, der mittlerweile zugenommen hatte. In Sellrain wartete ein Großaufgebot der Polizei am Straßenrand, um Teilnehmer des Ötztaler Mopedmarathons und deren Fahrzeuge zu kontrollieren. Im Nachheim sind die Meinungen über die enorme Präsenz der Ordnungshüter zweigeteilt, ich finde es aber absolut legitim und in Ordnung. Wer sich an alle Regeln gehalten hat, brauchte sowieso nichts zu befürchten.

Bild der Front einer Simson SchwalbeMoped am Tiefenbachgletscher im Oetztal

Die Route führte einmal komplett durch Innsbruck. Ich bin schon oft diese Strecke auf dem Weg nach Italien gefahren, immer aber mit 4 Rädern und einigen PS mehr unter meinem Sitz. Der Reiseverkehr stockte auf der kurvigen alten Brennerstraße, nicht aber wegen der vielen Mopeds, sondern aufgrund einer Baustelle. Für knapp 4 Kilometer brauchten wir fast eine Stunde. Nur etappenweise konnten wir uns nach vorne arbeiten, im Schritttempo rechts und links an den wartenden Autos vorbei. Deren Insassen, ebenso die im Gegenverkehr, zückten nicht nur einmal das Smartphone und filmten die wilde Meute, die sich entweder kostümiert oder funktional gekleidet ihren Weg durch den Stau bahnte.

Oben am Brenner angekommen, dem zweiten Checkpoint, gab es eine lang ersehnte und verdiente Pause. Über 120km hatten wir in den letzten 6 Stunden geschafft – Halbzeit.

 

Brenner – Jaufenpass.

Der Jaufenpass war meine persönliche Bewährungsprobe. Zu gerne hätte ich mich in ein italienisches Café gesetzt, bei Spezi und Pizza, mit einem Cappuccino zum krönenden Abschluss. Stattdessen spürte ich die Straße in meinem ganzen Körper.

Aussicht vom Jaufenpass auf die BergweltMopeds am Jaufenpass

Die ersten Kilometer vom Brenner nach Südtirol liefen wie am Schnürchen. Bergab lief der Verkehr flüssig und mittlerweile bot der Fahrtwind eine angenehme Abkühlung. In Sterzing rechts weg führte die Route dann in Richtung Jaufenpass. Die Häuser verschwanden und wurden von einem dichten Wald abgelöst, der Schatten spendete und verlockend nach Zirbe roch. Ich quälte mein Moped die 16km und 1.100 Höhenmeter den Berg rauf, zusätzlich aber auch mich selbst. Mein Hintern schmerzte, genauso wie mein Rücken, und ich war müde. Jede Menge Mimimi also für eine eigentlich recht schöne Strecke.

Der Mann und ich waren die ersten unseres Teams am Pass, habe ich die anderen Jungs doch unwissend an einer Tankstelle stehen gelassen. So blieb mir etwas Zeit die Aussicht zu genießen und Muskeln und Kopf auf die letzten 80km vorzubereiten. Aufgeben kam nämlich nicht in Frage.

 

Jaufenpass – Timmelsjoch.

Die Kilometer zerflossen unter der Sonne und auf dem grauen Asphalt. Ich weiß nicht mehr genau, wann der Moment kam, als ich wieder freudestrahlend am Lenker saß und jede Kurve, jede Bodenwelle, jedes Viehgitter genoss – aber er kam.

Die 1.300 Höhenmeter nach St. Leonhard hinunter vergingen wie im Flug, wohl auch aufgrund diverser Porsche, Ferrari, Lotus und McLaren, die sich mit uns die Straße teilten und eine kleine Ablenkung zu den vielen Serpentinen darstellten. Bald schon wies ein Schild im Kreisverkehr den Weg zu unserer finalen Etappe: dem Timmelsjoch und der dazugehörigen Hochalpenstraße.

Blick auf die Hochalpenstrasse zum TimmelsjochMopedfahrer am Timmelsjoch im Oetztal

Säumten am Anfang noch Häuser und Bäume im Wechsel den Straßenrand, wurden sie bald von einer fantastischen Aussicht abgelöst. Hier zeigten die Alpen mal wieder alles, was in ihnen steckt. Macht, Naturgewalt, Schönheit … und das schon seit ewigen Zeiten und sicherlich noch weit über die Existenz der Menschheit hinaus. Im Angesicht der Riesen tuckelte ich an diesem sonnigen Samstagnachmittag mit meinem kleinen Moped die vielen Kurven hinauf, versuchte dabei bei jeder 180 Grad – Biegung eine neue Technik zu entwickeln, um nicht auf die Gegenspur zu gelangen und erfreute mich des Lebens.

Oben angekommen, auf 2.509m üNN, lagen wir uns alle freudenstrahlend in den Armen. Die letzten 30km haben noch einmal alles an Aufmerksamkeit und Konzentration abverlangt, jetzt aber standen wir am höchsten und letzten Punkt unserer Tour. Ein Moment, kaum greifbar und doch so real, dass er noch lange in Erinnerung geblieben ist.

 

Timmelsjoch – Sölden.

Die letzten Kurven, die letzten Kilometer. Ein Gefühl der Zufriedenheit und des Stolzes machte sich breit. Jetzt wollte ich es noch  einmal wissen und trieb das Moped an seine Grenzen. Bei 60km/h war laut Tacho Schluss, laut Geräuschkulisse aber noch lange nicht. Auch wenn es noch nie der Rausch der Geschwindigkeit war, der mich antrieb, kann ich die Leidenschaft für’s Motorradfahren mittlerweile voll und ganz nachvollziehen.

Person auf Moped am TimmelsjochMopedhelm auf Campingtisch am Campingplatz Soelden

Zurück in Sölden, auf dem Campingplatz, wechselte sich der Höhenrausch mit einem ordentlichen Bierrausch ab. Wir haben es tatsächlich alle geschafft – 14 Mopeds, 12.5 Stunden Fahrt, 5.500 Höhenmeter, 238km und 4 Bergpässe, verteilt auf 2 Länder. Ein unvergleichliches Event und ein kleines Abenteuer, das sich wie ein großes anfühlte. In diesem Sinne: Wer langsam fährt, hat länger Spaß!

 

Tipps für den Ötztaler Mopedmarathon am Rande.

Für den Fall, dass ich euch jetzt mit einer Teilnahme am Ötztaler Mopedmarathon angefixt habe, habe ich ein paar kleine Informationen zusammengetragen, die euch bei der Überlegung und Recherche behilflich sein könnten.

 

Anmeldung zum Ötztaler Mopedmarathon.

Die Teilnahme findet im Zuge einer Vereinsausfahrt statt, für die man sich ab ca. November anmelden kann. Wie die Registrierung für 2019 aussehen wird, dass kann ich euch leider nicht verraten. Infos dazu folgen vom Veranstalter im Herbst. Nur so viel: Der Ansturm auf die begrenzten Plätze ist riesig.

Gekostet hat die knapp 9-monatige Vereinsmitgliedschaft 99€ – ein absolut gerechtfertigter Preis für alles, was man in den Tagen geboten bekommt.

 

Das richtige Moped für den Ötztaler Mopedmarathon, …

… das gibt es nicht. Ob alt oder neu, klein oder groß, Zweitakt oder Viertakt – ganz egal. Die einzige Vorgabe sind die maximal 50ccm Hubraum, die das Gefährt haben darf. Während des Mopedmarathons war so ziemlich jede Marke anzutreffen, vom Liebhaberstück bis zur Dreckschleuder. Simson und Puch waren die wohl am meisten vertretenen Marken, hatten wir doch schon alleine drei Simson S51, zwei Schwalben, zwei Stare und eine SR 2 als Ersatzmoped in unserem Team. Ansonsten durften natürlich diverse Zündapps und Vespas nicht fehlen, auch Marken aus Übersee waren vertreten.

Skyteam PBR 50 in den Alpen

Ich selbst bin mit einer PBR 50 der Marke Skyteam gefahren, ein Viertakter mit vier Gängen.

 

Übernachten während des Ötztaler Mopedmarathons.

Sölden ist ein klassischer Urlaubsort, mit jeder Menge Hotels, Ferienwohnungen und einer entsprechenden Infrastruktur. Empfehlen möchte ich euch aber einen speziellen Ort, keine 100 Meter vom Start-, Ziel- und Festgelände entfernt – den Campingplatz Sölden. Drei Nächte haben wir dort verbracht und die Atmosphäre sehr genossen.

 

Die Ruhe danach …

… findet man im Anschluss bei diversen Wanderungen in den umliegenden Bergen. Die Auswahl ist schier grenzenlos, empfehlen möchte ich euch einfach mal zwei einfache und kurzweilige Touren. Zum einen startet direkt im Ort die Wanderung entlang vom Waalweg Mooserstegle, zum anderen befindet sich in einem Seitental vom Ötztal die Amberger Hütte in unvergleichbarem Bergpanorama.

Fluss im Sulztal im Oetztalkleiner See mit Spielplatz an der Amberger Huette


Mit besten Dank an meine Eltern, die das ein oder andere Foto beigesteuert und unserem Team BorderCross & Friends eine schöne Überraschung bereitet haben.

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Der Ötztaler Mopedmarathon mit “take an adVANture” – Team Fehlzündung 12. November 2018 - 10:52

[…] nicht genug Mopedfeeling vom #ÖMM – Lischen vom Team BorderCross hat auf ihrem Blog – hier klicken – von ihren Erfahrungen beim ÖMM berichtet. Ich kann das alles, inklusive der Hängepartie […]

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