Der Glungezer, jede Menge Naturschnee und mein erstes Mal.

von Elisa | take an adVANture
Strasse in den Alpen mit Aussicht auf die Berge

Glungezer, Region Hall Wattens, Österreich. Es ist einer dieser ganz klassischen Samstagmorgen während der langen Winterzeit. Draußen verhüllen die Wolken die Berge und feine Nebelschwaden reichen bis weit ins Tal hinein. Ich stehe auf dem Balkon meiner Unterkunft in der Region Hall Wattens und beobachte, wie der Tag erwacht und das Gezwitscher der Vögel den nahenden Frühling ankündigt. Noch aber befinden sich einige Meter Schnee in den Bergen und lassen die Skyline der Alpen in schönster Weiß / Grau / Grün – Mischung erstrahlen.

Blick aus dem Seitenfenster eines Autos auf die BergeBlick auf alte Gebaude in Hall

Ich trinke noch schnell meinen Kaffee aus, gehe wieder ins Zimmer und stehe vor einem kleinen Berg Wäsche auf meinem Bett. In der Früh die Klamotten fürs Snowboarden anziehen, ist in etwa so, als würde man eine Rüstung anlegen. Jedes Kleidungsstück hat seinen Platz, es erfüllt seinen Zweck und muss in einer bestimmten Reihenfolge angezogen werden. Gewappnet für den Schnee und die nächsten Stunden in einem Winterwunderland, geht es dann hinein in die Berge.

 

Momente der puren Entschleunigung.

Ich fahre mittlerweile seit fast 20 Jahren Snowboard. Davor waren es ein paar Jahre auf Skiern, damals noch in diversen tschechischen Skigebieten. Aber die Zeit fällt bei der Masse an Jahren kaum mehr ins Gewicht. In meiner Jugend habe ich irgendwann zwei Bretter gegen eins getauscht und bin seitdem dem Boarden treu geblieben. Was ich aber in all der Zeit nie geschafft habe, dass sind die Fahrten weit abseits der Pisten, in nicht präpariertem Gelände.

Warum das so ist? Ganz einfach – keine Ahnung und zu viel Schiss. Oder nennen wir es vielleicht „gesunden Menschenverstand“. Deswegen hat es mich umso mehr gefreut, als ich letztens am Glungezer unter Anleitung zwischen Bäumen, über leichten Pulverschnee und durch freien Skiraum fahren durfte.

Aussicht vom Schartenkogel ins NachbartalSessellift am Glungezer auf den Schartenkogel hinauf

Ich stehe an der Talstation der Glungezerbahn in Tulfes, einer mittlerweile 50 Jahre alten Anlage. Mein Snowboard schnalle ich nicht wie gewohnt an, sondern gebe es dem Mann am Lift, der mich mit einem fröhlichen „Guten Morgen“ willkommen heißt. Und kurz darauf sitze ich schon neben Sepp, meinem Guide, in dem Zweiersessellift, ohne Board zu meinen Füßen. Denn das liegt quer über den Sitzen eine Reihe vor mir. Gut 15 Minuten dauert die Fahrt bis auf 1.560m, genug Zeit also, um mehr über die Gegend zu erfahren.

An der Mittelstation angekommen wird mir klar, warum es eine gute Idee war, bis hierhin zu Fuß unterwegs gewesen zu sein. Mein Board steht bereits am Geländer, als mir ein netter Mitarbeiter aus dem Lift hilft, der mit Schwung in die Station einläuft. Schnell wünscht er mir noch einen schönen Tag und macht sich gleich schon daran, den nächsten Gästen eine helfende Hand zu reichen. Ich aber schnalle mir das Brett an und fahre los. Nach einem Schlepplift und einem weiteren Zweiersessellift stehe ich endlich oben auf 2.304m, den Schartenkogel zu meinen Füßen und den Glungezer in Sichtweite. Von hier aus würde es nur noch mit Tourenskiern weitergehen, hinauf bis zur Glungezerhütte.

Blick vom Schartenkogel in Richtung GlungezerOlympiasiegerin in der Abfahrt von 1968 Olga Pall

„Das hier ist die pure Entschleunigung, findest du nicht auch?“ Olga Pall, Olympiasiegerin in der Abfahrt von 1968, trifft es auf den Punkt. Hier oben ist man gleich per Du, man grüßt und wird gegrüßt. Ich bleibe noch eine Weile stehen und genieße die Aussicht über das Inntal in Richtung Nordkette. Die Hektik der großen Skigebiete, gepaart mit lautem Après-Ski, sucht man hier vergebens. Stattdessen hält die Gemütlichkeit Einzug und gibt sich mit der Langsamkeit und unzähligen Genussmomenten die Klinke in die Hand.

 

Freeriden am Glungezer.

Und dann bin ich dort, wo ich schon seit Jahren immer mal sein wollte. Ich hole Schwung und fahre links von der roten Piste ab, hinein ins Frauental. Der feste Untergrund weicht feinstem Pulverschnee und ich verlagere mein Gewicht, um nicht gleich zu versinken. Für die nächsten Höhenmeter bergab macht mein Serotoninspiegel riesige Sprünge. Ich muss die ganze Zeit grinsen und mich doch sehr zusammenreißen, um vor Aufregung und Freude nicht lauthals zu jubeln. Vorbei an kleine Baumspitzen und Felsen bahne ich mir den Weg durch’s Gelände, mal etwas waghalsig, dann wieder vorsichtig vorantastend. Ein kleiner Sprung über eine Erhebung zurück auf die Piste beendet meine erste Fahrt in freiem Skiraum.

Snowboarder im Skigebiet am GlungezerSnowboarder beim Freeriden am Glungezer

Im zweiten Anlauf geht es über den Schartenkogel am Grat entlang in Richtung Voldertal. Nur drei Spuren führen vor mir den Hang hinunter und ich finde eine Linie, die ganz mir gehört. Von nun an bin ich wohl versaut auf Lebenszeit.

Nach einer Weile erreichen wir die Baumgrenze. Da der Schnee inzwischen weich geworden ist und ich bei jeder Kurve mit dem Gleichgewicht, dem Untergrund und den dicht stehenden Bäumen kämpfen muss, suchen wir uns einen Weg zurück auf die Piste. Hier komme ich nochmal in den Genuss von feinstem präparierten Naturschnee, bevor sich mein Magen mit Tiroler Kasspatzln und Spezi auf der Terrasse der Tulfer Hütte füllt. Pfiat di, du schöne Tiroler Bergwelt.

 

Wissenswertes zum Glungezer Skigebiet.

Das Skigebiet befindet sich rund 15km östlich von Innsbruck, in der Region Hall Wattens in Tirol. Von Tulfes aus fährt die Glungezerbahn (hier geht’s zur Webseite) in mehreren Sektionen bis zum Schartenkogel hinauf und erschließt seit der Eröffnung 1967 die umliegenden Pisten im Winter und die Wanderwege im Sommer.

Derzeit ist das Glungezer Skigebiet ein reines Naturschneegebiet. Es gibt aber mittlerweile konkrete Pläne, auch hier Beschneiungsanlagen und größere Liftanlagen zu verbauen. Bleibt nur zu hoffen, dass der unvergleichliche Charakter danach trotzdem erhalten bleibt.

Übrigens ist das Gebiet um den Glungezer herum ideal für Tourengeher, für Anfänger und Fortgeschrittene. Mit der Nordkette und dem Inntal im Rücken und den Gipfeln der Tuxer Alpen als Ziel. Dominic von der Schischule Glungezer (hier geht’s zur Webseite) hat es mit seinem Video definitiv geschafft, dass ich im nächsten Jahr meine Schneeschuhe auspacken und im Winter auf die Berge wandern werde. Mit dem Snowboard auf dem Rücken, denn Ski kommen mir wohl eher nicht an meine Füße.

 

Alternative Freizeitbeschäftigungen in der Region Hall-Wattens.

Auch abseits vom Pistenspaß wird es nicht langweilig. Vielleicht findet ihr hier nicht unbedingt klassische Touristenattraktionen, aber dafür die eben erwähnte pure Entschleunigung. Und die suche ich am Nachmittag am Pungghof in Absam, als ich mit Johanna Brot backe und den Kälbern beim säugen zuschaue. Regionalität und Nachhaltigkeit sind hier die Schlagwörter, die man schmeckt, riecht und hört.

Johanna betreibt mit ihrem Mann zusammen den Hof als Nebenerwerb. Neben Hühnern, Bienen, Schafen und Rindern finden sich hier auch einige Arche-Tiere und -Pflanzen – seltene Arten, die vom Aussterben bedroht sind. Die beiden Brote, die wir im Holzofen gebacken haben und noch warm ins Auto legen, duften zu verführerisch. Und so kommt es, wie es kommen muss – nach einem kurzen Zwischenstopp am Supermarkt und dem Kauf von frischer Butter setzen wir uns auf eine Bank mit Blick Richtung Berge und genießen im Wechsel Geschmack und Aussicht.

Gebucht werden kann der Brotbackkurs über den Tourismusverband Region Hall-Wattens.

Kuhstall am Pungghof in Absamfrisches Brot auf Holzbank mit Bergen im HintergrundPerson ist Brot mit Bergen im Hintergrund

Und dann gibt es da noch das kleine Örtchen Hall, mit einer schönen Altstadt in mittelalterlichem Ambiente. Eine Paradebeispiel für funktionierenden Denkmalschutz. Die Gassen sind schmal, meistens autofrei und bei wolkenlosem Himmel geben sie den Blick auf die nahen Berge frei. Als ich Abends so durch die Straßen schlendere, werfe ich einige Blicke in die beleuchteten Fenster. Von meinem Blickwinkel aus sehe ich meistens nur die Zimmerdecken, somit sind der Fantasie über die Bewohner und deren Einrichtungsstil keine Grenzen gesetzt.

Für alle Filmfans unter euch, habe ich jetzt noch einen kleinen Funfact. Einige Szenen aus dem Film Point Break, dem Nachfolger von „Gefährliche Brandung“ mit Keanu Reeves und Patrick Swayze aus dem Jahr 1991, wurden hier in Hall und Umgebung gedreht. Der Film kommt zwar nicht an das Original heran, aber die Landschaftsaufnahmen sorgen für akutes Bergweh.

Gut bürgerliche und regionale Küche findet ihr im Goldenen Löwen, versteckt in einer der Seitengassen vom Stadtplatz aus.

Strasse in Hall bei NachtBlick auf die Daecher von HallStrasse in Hall mit alten Haeusern

Ich hätte nicht gedacht, dass mir das Freeriden so viel Spaß machen würde, auch wenn es eigentlich nur ein kurzer Augenblick war. Deswegen werde ich mir wohl für die nächste Saison vornehmen, mich mehr darüber zu informieren. Denn eins darf man dabei nie vergessen – Safety first!


Hinweis: Der Artikel entstand in Kooperation mit dem Tourismusverband Hall-Wattens. Vielen Dank für die Einladung. Wie immer bleibt meine Meinung davon unbeeinflusst.


Euch hat der Artikel gefallen? Dann freue ich mich sehr, wenn ihr ihn mit Familie oder Freunden teilt oder mir eine Kommentar hinterlasst.

P.S.: Falls ihr gerade im Sommer in der Gegend unterwegs seid, dann schaut doch mal bei Anna von ANEMINA TRAVELS vorbei, die das Gebiet auf dem Zirbenweg wandernd erkundet hat.

P.P.S.: Nur ein paar Kilometer weiter östlich gibt es ein weiteres kleines Skigebiet, das ich euch ans Herz legen möchte: das Skigebiet Alpbachtal Wildschönau.

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2 Kommentare

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bart van Donk 13. Mai 2018 - 06:56

Hallo Elisa
Danke für deine schöne Reportagen, es ist immer spass es zu lesen und begeistert immer noch.
Die Information ist gut, deine Bilder sind auch gut, lesen ist immer ein spass…
Ich baue jetzt ein 2003-er T4 Syncro LRS um, erster trip dieses Jahr nach Italia und Östenreich, nächtes Jahr Norwegen und Finland.
Mit freundlichen Grüss
Bart van Donk

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Elisa | take an adVANture
Elisa | take an adVANture 16. Mai 2018 - 09:29

Hallo Bart,

ich danke dir! :D
Und dein Projekt hört sich nach jeder Menge Spaß an. Ein T4-Syncro wäre auch noch so ein Modell, das ich gerne mal fahren würde. Gerade möchte ich fast weniger an meinem T5 basteln, als einfach neue Campervans zu suchen und mir dafür Ausbauten zu überlegen. ;)

Ich wünsche dir jetzt schon viel Spaß auf deinen Reisen.

Viele Grüße,

Elisa

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