Sydney. Eine Stadt bekannt für eine unkomplizierte Lebenseinstellung, die vielen unterschiedlichen Lebensstile und eine Strandkultur trotz Großstadtflair. Und für die Skyline bestehend aus Harbour Bridge und den Wolkenkratzern hinter dem Circular Quay. Und natürlich dem Opernhaus.
Sydney war mein letzter Aufenthalt in Australien. Von da aus ging nach 5 Monaten mein Rückflug nach Hause. Daher war die Reise dorthin voll von Fernweh und Vorfreude auf die Stadt. Ein komisches Gefühl. Die paar Wochen davor unterhält man sich mit anderen Backpackern über die weiteren Ziele und Ausflugsmöglichkeiten. Ich habe die Jungs und Mädels nach Tipps und Must-Sees für Sydney ausgehorcht und die meisten haben mir zu den Klassikern geraten. Bondi-Beach, das Viertel „The Rock“, die Harbour Bridge und der Darling Harbour. Und das Opernhaus?
Ehrlich gesagt hatte ich mir mehr Enthusiasmus vorgestellt. Zwar hat es jeder aus allen möglichen Entfernungen und Richtungen gefühlte hunderttausend Mal fotografiert. Aber oft hörte ich: „Man kommt ja eh dran vorbei.“ oder „Es sieht ganz ok aus.“ Naja, dachte ich mir, selbst erstmal ein Bild machen. Und als ich dann das erste Mal unter der Harbour Bridge um die Ecke bog, dachte ich nur: Wie? Ganz ok? Das Gebäude ist der HAMMER.
Diese Lage, diese Form. Und die Farbe. Es ist fantastisch.
Ein paar kleine Klugscheißer-Fakten:
Das Opernhaus geht auf den Entwurf des dänischen Architekten und Pritzker-Preisträgers Jørn Utzon zurück (Pritzker-Preis: der Oscar der Architektur). In den 50er Jahren ließ die Regierung einen internationalen Wettbewerb für ein neues Kultur- und Veranstaltungsgebäude ausschreiben. Aus einigen Hundert Einsendungen ging Utzons Entwurf als Sieger hervor, wobei seine Skizzen eigentlich erst verworfen und dann wieder aus dem Papierkorb gefischt wurden. Bei der Planung und Umsetzung gab es nur ein glitzekleines Problem: so toll die Form auch war, es gab bis dato keine ingenieurtechnischen Erkenntnisse, Grundlagen oder Vergleichsobjekte.
Mal sehen ob euch bei den nächsten Fakten ein paar Parallelen zu einigen Bauvorhaben in Deutschland auffallen. 1959 wurde mit dem Bau begonnen. Die Fundamente wurden gegossen, obwohl das Dach noch nicht fertig geplant war. Also alles wieder weg und bitte nochmal von vorne. Auch gab es noch keine genaue Kostenberechnung. So kam es also, dass die Bauzeit ums 2.5-fache und der Baupreis ums 14-fache überschritten wurde (na, machts Klick?). Da spätestens beim Geld ja bekanntlich die Freundschaft aufhört, kam es zum Zerwürfnis zwischen Architekt und Bauherr. Utzon hat bis zu seinem Tod kein Fuß mehr auf Australiens Boden gesetzt.
Selbst zur Eröffnung 1973 war die Stimmung über das Opernhaus noch geteilt, was ein deutscher Artikel in der damaligen Ausgabe des Spiegels beweist. Die Reihe an Spitznamen war lang und phantasievoll. Mittlerweile gehört es zu den meist fotografierten Gebäuden der Welt.
Und wieso „eine Orangenschale am Hafen“? Beim Schälen einer Apfelsine soll Utzon auf die Idee mit der Dachform aus den weißen Keramikfliesen gekommen sein. So die Legende. Klingt nicht wirklich spektakulär, oder?
Wie ihr ja schon mitbekommen habt, hat mich das Gebäude total fasziniert. Ich bin fast jeden Tag dort gewesen und habe es aus allen Richtungen und Entfernungen und zu jeder Tageszeit nicht nur gefühlte hunderttausend Mal fotografiert. Für mich ist es eine Meisterleistung der Architektur- und Ingenieurskunst.
5 Comments
Hallo Elisa,
ein toller Bericht über Sydney und die Oper. Neulich hatten wir übrigens eine witzige Begegnung mit dem Architekten: In Skagen, Dänemark, wo Nord- und Ostsee sich treffen, gibt es ein Odde Naturecenter, das ebenfalls von Jorn Utzon gebaut wurde. Wir waren in Skagen, um Freunde aus Sydney auf einer Cruise zu treffen, und die waren natürlich hell begeistert.
Danke dir Christiane!!
Da musste ich doch gleich mal googeln :)
Das glaube ich, mit dem Opernhaus hat er sich schon ein unfassbares Denkmal geschaffen..
Hallo Elisa, auch mir gefällt es Recht gut, auch wenn ich es bisher nur aus dem Flieger und von Fotos gesehen habe. Du hast mich aber neugierig gemacht und ich werde mal über die Tragwerksplanung recherchieren. ;) Architektin halt…
Viele Grüße, Anett
Ja, mach mal. Und berichte dann über dein Ergebnis. Beim Recherchieren zu dem Artikel bin ich ja auf einige spannende Sachen gestoßen. :)
Ich war wirklich überrascht, dass das Gebäude vielen nicht gefallen hat. Ich würde es gerne nochmal sehen, vielleicht ergibt sich wieder die Gelegenheit.
Lieben Gruß!
[…] Elisa Lorenz ist freie Architektin und uns führte die Liebe zum Reisen auf vier Rädern zusammen. Auf takeanadVANture.com bloggt sie über ihre Road-Trips, von ihre Liebhaberei mit der Architektur könnt ihr bald auf stadtsatz.de lesen. Jedenfalls war es für mich nicht verwunderlich, dass auch ihr Skizzenbuch in jede Handtasche passen und es “robust, leicht und stylisch” sein sollte. “Auf der Suche bin ich dabei auf die Moleskine Cahier Journals* (13x21cm) gestoßen. Ich liebe das Format, die Beschaffenheit des Papiers und das kleine Einsteckfach am Heftende. Es ist immer dabei und ich nutze es hauptsächlich für Notizen, die ich dann auf meinem Reiseblog verwirklichen kann.” Architekten-Lesetipp auf take an adVANture: Sydney und die Orangenschale am Hafen […]