Dust & Diesel Rallye #1: Der Auftakt.

von Elisa | take an adVANture
VW T4 Busse an der Küste von Spanien

Als der Wecker klingelt, zeigt die Uhrzeit auf dem hektisch blinkenden Display meines Smartphones gerade einmal 5.00 Uhr morgens an. Im Halbschlaf versunken suche ich etwas orientierungslos die Schlummertaste, die ich tatsächlich beim ersten Versuch treffe. „Nur noch 10 Minuten.“, denke ich mir und drehe mich mit zu viel Schwung auf die andere Seite. Die Schaumstoffmatratze unter mir ist so ein Billigteil aus dem Internet, 1.20 m breit und 2.00 m lang, und so dünn, dass ich mit der Hüfte auf die Holzplatte darunter stoße. Es folgt ein kurzer dumpfer Schmerz, der mir aber dabei hilft aufzuwachen. Ich bleibe noch etwas in dem rostigen VW T4 liegen, der seit ein paar Tagen mein zu Hause auf Zeit ist und es auch noch für die nächsten fast 3 Wochen sein wird.

Seit Samstag sind wir unterwegs. Ich überlege kurz, welchen Wochentag wir haben und bleibe bei Donnerstag hängen. Oder ist doch schon Freitag? Eine Handvoll Tage für 2.700km – definitiv das pure Gegenteil vom langsamen Reisen, wie ich es sonst bevorzuge. Es regnete im Allgäu, ein typisches Wetter Ende April, als wir die alten Busse bepackten und uns auf den Weg nach Spanien machten. Richtung Süden, Richtung Meer und Richtung Afrika.

kostenloser Stellplatz in Spanien
Blick auf Finca in Spanien
Hummel auf Frühlingswiese in Spanien

Ein bisschen Holz, jede Menge graue Farbe, ein paar Aufkleber hier und dort, ziemlich viel Geduld beim Beheben einiger KFZ-Mängel und großzügiges Ignorieren diverser Roststellen innen und außen. Hinzu kommen ein massiver Unterbodenschutz, eine Höherlegung und zwei Zusatzscheinwerfer. So oder so ähnlich könnte die Anleitung lauten, wenn man sich sehr provisorisch einen Camper ausbauen möchte, um ihn bis nach Westafrika zu überführen.

Den ersten ungeplanten Halt machten wir bereits am Bodensee.

Die Dieselleitung unseres Busses leckte und musste zum wiederholten Mal geflickt werden. Kurz hinter der Grenze zu Frankreich, irgendwo bei Belfort, endete der erste Tag und auch jetzt noch weiß ich um das schöne Gefühl, das ich damals hatte. Wenn der Stress des Alltags abfällt und der Aufregung weicht. Unwissend, wie die folgenden Wochen werden, aber wohlwissend, dass es ein Abenteuer werden wird.

Ein großes Stück Europa lag noch vor uns. Ein Kontinent, der für Vielfalt und Leidenschaft steht. Für unzählige Kulturen auf kleinem Raum, für spektakuläre Landschaften im Kilometertakt, für kurze Wege und weite Aussichten – ein Potpourri aus Sprachen, Nationalitäten, Geschichten und Gesichtern. Knapp 10,5 Millionen Quadratkilometer vereinen 47 Länder und ca. 750 Millionen Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und das so nah beieinander und so unkompliziert zu bereisen. Eine Tatsache, die mir im Laufe der gesamten Reise sehr oft bewusst und die nicht mehr so schnell in Vergessenheit geraten wird.

VW T4 als Rallyeauto für Dust and Diesel
Logo Ingenierbüro Gäbler
Logo Schuchardt Logistic

Ich erinnere mich noch an die schmalen Straßen und die kleinen Dörfer. An mein eingerostetes Spanisch gleich nach der Grenze. An schlechten Kaffee und leckerstes Gebäck und an den kalten Spargel, obwohl ich meinte frittierte Kartoffeln bestellt zu haben. Anfangs war es Nachts noch empfindlich kalt, Mütze, Schal und Wohlsocken waren ständiger Begleiter. Mal waren die Berge unsere Aussicht, dann wieder flaches Hinterland.

Mit jedem Kilometer wurde es wärmer und die Chucks wichen schlussendlich den FlipFlops, die sich von da an nur noch mit dem Barfußsein abwechseln werden. Am Meer ging die Sonne auf und auch wenn ich eher dem „Team Berge“ angehöre, so kann ich nicht verleugnen, dass die See doch einiges an Magie bereithält. Auf dem Penyal bei Calp konnten wir uns die Füße vertreten und kurz darauf in den Genuss einer sauberen Dusche kommen – ich liebe diesen Fakt, dass bei der Form des Reisens so etwas Banales wie warmes fließendes Wasser wieder an Bedeutung gewinnt.

Unser erstes Etappenziel war Andalusien.

Jetzt liege ich hier in einem der grauen Busse, mein Mann neben mir, meine Freunde etwas abseits, und denke noch kurz über die letzten Tage nach. Bis der Wecker von meinem Telefon mich erneut ans Aufstehen erinnert. Irgendwann sollte ich mal das nervige Standardgeräusch in melodischen Singsang mit Gitarrenklängen ändern, um dem Start eines Tages neuen Schwung zu verleihen.

Blick aus VW T4 auf Meer in Spanien
Blick auf Küste Spanien mit VW T4 Bus
Blick entlang der Ostküste in Spanien

Die spärliche Beleuchtung auf dem Campingplatz hier im Süden Spaniens ist die einzige Lichtquelle, bewegt man sich nur ein paar Meter von der Laterne weg, ist es stockfinster. Ich höre das Meer rauschen und versuche mich an der Morgentoilette, die so früh vollkommen automatisiert abläuft. Zuerst die Zähne, dann das Gesicht, die Haare bleiben so wie sie sind. Knapp eine Stunde später stehen wir schon mit unseren Fahrzeugen am Eingang zu dem kleinen Hafengelände in Tarifa. Es fängt an zu dämmern und als wir in den Bauch der Fähre eintauchen, kämpft sich die Sonne langsam über die Hügel Andalusiens.

Vierzehn Kilometer trennen uns noch von Afrika – nur ein Steinwurf weit, im Vergleich zu den letzten Kilometern, die wir in den vergangenen Tagen zurückgelegt haben. Hier, am südlichsten Punkt vom europäischen Festland, verbindet die Straße von Gibraltar den Atlantik mit dem Mittelmeer. Es treffen Geschichte und Geografie aufeinander und könnte der Ort sprechen, er würde uns sicherlich einiges zu erzählen haben. Jetzt aber schweigt er, nur die Motoren des Schiffes dröhnen und die ersten Möwen kreischen müde über uns. Ich gehe an Deck und sehe zu, wie Europa immer kleiner wird. Auf der anderen Seite aber wird Afrika größer und wir kommen dem eigentlichen Startpunkt unserer Reise mit jeder Seemeile ein Stück näher. Kurz nach 8.00 Uhr rollen wir auf den grauen Asphalt von Tanger. Salam aleikum, Marokko. Ich freue mich schon auf meine dritte Reise durch das Land, das mir in der Vergangenheit bereits eine gebrochene Zehe, eine kleine Panikattacke und zahllose schöne Momente beschert hat.

Campervan Sonnenaufgang am Meer
Blick auf Andalusien von Fähre Tanger
Blick auf Tanger von Fähre Tarifa

Wir, das sind übrigens insgesamt acht Freunde, die vier grauen VW T4 Busse und ein Ziel: Saint-Louis im Senegal. Wir sind aber auch 33 weitere Personen und 19 andere Fahrzeuge, hauptsächlich der Marke Mercedes Benz. Und alle zusammen nehmen wir an der Dust & Diesel Rallye teil, einer Amateurrallye für jedermann mit gutem Zweck. Denn kurz vor dem Ende der Reise werden wir die Autos in Mauretanien verkaufen und den kompletten Erlös daraus dem AEPN Mauretanienhilfe e.V., einem Deutsch-Mauretanischen Hilfsprojekt für benachteiligte Kinder, spenden. Bis es aber soweit ist, liegen noch gut 4.000 Kilometer vor uns.

Dust & Diesel Rallye: Ein Roadtrip durch Europa.
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Falls ihr mehr über den weiteren Verlauf der Reise wissen möchtet, über die Rallye durch Marokko – einen Roadtrip mit unzähligen schönen Momenten – dann folgt ganz einfach dem verlinkten Artikel. Weiter geht es danach mit einem Roadtrip durch die Westsahara, das große Finale mit vielen Eindrücken bildet dann die weitere Reise durch Mauretanien.

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