Tagebuch Allgäu-Orient-Rallye. Tag 15-18: Kreuz und quer durch Israel.

von Elisa | take an adVANture
Am Toten Meer in Israel

Israel. Ich glaube, es gibt kaum ein geschichtsträchtigeres Land auf unserem Planeten. Ein Land, dessen Vergangenheit noch immer unsere Gegenwart prägt. Das jeder glaubt zu kennen, doch keiner wirklich versteht. Nur wer einmal dort war, kann sich mit seinen eigenen Augen ein Bild von all dem machen, was uns sonst in den Medien, online wie offline, meist unverständlich und zusammenhangslos vorgesetzt wird. Ich war nur kurz da, zu kurz, und habe in den paar Tagen gemerkt, wie wenig ich doch über all das weiß.

 

Tag 15 der Allgäu-Orient-Rallye: Israel – oder doch nicht?

Die Nacht im türkischen Adana war mal wieder kurz, noch vor dem Sonnenaufgang brachte uns ein Shuttlebus zum Flughafen. Wenn man uns allen in die müden Gesichter blickte, war darin nicht nur der Schlafmangel der letzten 2 Wochen, sondern auch jede Menge Vorfreude zu sehen. In ein paar Stunden würden wir ein Land betreten, das von uns 6 noch keiner vorher zu Gesicht bekommen hatte. Und wir würden endlich wieder unsere 3 „Babys“ in Empfang nehmen können, die dann hoffentlich schon am Hafen auf uns warteten. Das sich die Anreise nach Israel ungewollt etwas verzögern würde, konnten wir zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht ahnen.

Lasst mich kurz in Zeit und Raum etwas nach vorne springen: Nach einer stundenlangen Kontrolle am Flughafen befanden wir uns am späten Vormittag im Flieger nach Tel Aviv, ungefähr auf Höhe Zypern. War die Insel vor ein paar Minuten noch rechts von uns, zeigte sie sich auf einmal in den Fenstern links vom Flieger. Wir mussten umdrehen und wieder zurück nach Adana fliegen. Warum, dass wissen wir bis heute noch nicht. Angeblich hatte der Pilot vergessen, uns in Israel anzukündigen und somit durften wir nicht in den israelischen Luftraum einreisen. Einmal zurück bringt Glück, nach einem erneutem Start in der Türkei hatte es dann doch geklappt.

Anflug auf Israel

In Tel Aviv angekommen fuhren wir kurz darauf mit dem Zug nach Haifa. Schon der erste Eindruck des Landes war komplett anders, als wir es uns vorgestellt hatten. Westlich und modern, aufgeschlossen und keinesfalls prüde. Trotzdem mussten wir uns einige Male etwas befremdlich umblicken. Israelische Soldatinnen und Soldaten, kaum in der Volljährigkeit angekommen, standen neben uns in Uniform und mit Maschinengewehren im Anschlag im Zug, vertieft in ihre Smartphones oder in Gespräche mit ihren Kameraden. Unsicher haben wir uns aber zu keinem einzigen Zeitpunkt gefühlt. In Israel gibt es übrigens eine mehrjährige Wehrpflicht für Frauen und Männer, das soll jetzt mal kurz und knapp als Erklärung für die vielen uniformierten Menschen herhalten.

Die Fähre mit unseren Autos hatte Verspätung, somit wurde die Zeit am Hafen für Nickerchen, Gespräche, Sonnenbäder und Träumereien genutzt. Unsere Freude könnt ihr euch nicht vorstellen, als wir dann endlich wieder mit Elmo, Bertha und Ole vereint wurden.

Am Hafen in HaifaFaehre im Hafen von Haifa in IsraelMagirus Deutz in Haifa

Noch immer bekomme ich eine wahnsinnige Gänsehaut, wenn ich daran denke, dass wir mit unseren privaten Autos (noch dazu einer alten Feuerwehr) durch Israel gefahren sind. Nach einem Zwischenstopp entlang der Küstenstraße lag das Ziel für die erste Nacht in greifbarer Nähe: Tel Aviv. In Kolonne mit dem Team Kamelroas bahnten wir uns in der Dunkelheit den Weg durch eine schöne und moderne Stadt. Um kurz darauf, in einem Lokal am Hafen in Jaffa, das beste Essen der ganzen Reise zu genießen.

Gefahrene Kilometer: ca. 115km

 

Tag 16 der Allgäu-Orient-Rallye: Barfuß Skorpione kicken in der Wüste Negev.

Das erste und letzte Mal während der gesamten Rallye waren wir uns über die Morgengestaltung nicht einig. So kam es, dass sich die Feuerwehr auf den Weg zu einer der Roadbook-Aufgaben machte, der Rest von uns aber gemütlich durch die Altstadt Tel Avivs schlenderte. Vorbei ging es an engen Gassen in Jaffa, hinauf auf den Hügel, zu einem späten Frühstück direkt am Hafen.

Die Strassen von JaffaDer Hafen in Jaffa in Tel AvivEin Cafe am Hafen von Jaffa in Tel AvivEin Schild in Tel Aviv

Einige (Offroad-) Umwege später und nicht weit von einem Hitzschlag entfernt, fanden wir uns alle wieder an einer Kelterei im Hinterland zusammen. Wiedersehen macht bekanntlich Freude und glücklich vereint ging es zu einer weiteren Tagesaufgabe aus dem Roadbook. In den alten Madras Ruinen fanden wir einige kleine Tonflaschen, die wir an einem der nächsten Tage mit Wasser aus dem Jordan füllen durften.

3 Fahrzeuge irgendwo im Hinterland IsraelsStrassenschild in IsraelSonnenuntergang in der Wueste Negev

Wie immer waren wir viel zu spät dran (ein Roter Faden, der sich bei uns über die ganzen 3 Wochen zog), somit konnten wir den Sonnenuntergang leider nur vom Auto aus betrachten. Wir fuhren eine einsame Straße entlang, vorbei an Eseln und krüppeligen Gewächsen, die der sengenden Hitze trotzten. Der Abend und die Nacht waren gezeichnet von lauter Musik, viel Alkohol, einem sternenklaren Himmel und einem rauschenden Fest mitten in der israelischen Wüste. Wir tanzten barfuß bis zum Morgengrauen im staubigen Wüstensand zu Liedfett, The Offspring, Backstreet Boys und Fettes Brot. Ohne zu wissen, dass es sich um uns herum einige Skorpione gemütlich gemacht hatten. Die bekamen wir zum Glück erst am nächsten Morgen zu Gesicht. Mein persönliches Fazit des Tages: Die Israelis wissen, wie man eine Party schmeißt.

Gefahrene Kilometer: ca. 230km

 

Tag 17 der Allgäu-Orient-Rallye: Kopfüber ins Tote Meer.

Die Nacht war kurz, der Morgen dafür umso zäher. Es war einfach unfassbar heiß, die Sonne trieb uns bald aus unseren überhitzten Fahrzeugen. Nur die erhoffte Abkühlung im Toten Meer machte das Aufstehen einigermaßen erträglich. Auf dem Weg in den Norden fuhren wir an Landschaften vorbei, die absolut surreal wirkten. Waren wir hier wirklich noch auf unserem Planeten? Ich konnte es kaum glauben. Irgendwie schien es so, als hätte sich über die Landschaft ein staubig-milchiger Farbfilter gelegt.

Fahrerlager in der Wueste NegevKamelsafari in IsraelBlick auf die Wueste NegevTeam BorderCross in Israel

Je näher wir dem Toten Meer kamen, umso mehr passte sich die Gegend dem Namen des Sees an. Alles schien ausgestorben und … ja, irgendwie tot. Die Hitze flimmerte über die angrenzenden Bergketten und bis wir endlich an einer offiziellen Badestelle ankamen, fuhren wir komplett einmal von Süd nach Nord am Wasser entlang. Wir suchten einen kleinen Zugang zum See, doch das Ufer war an den meisten Stellen militärisch gesichert. Auf der anderen Seite zeigte sich Jordanien und wir passierten überraschenderweise einen Grenzübergang ins Westjordanland. Und ich merkte mal wieder, wie wenig ich mich, trotz meiner Leidenschaft für Geschichte und Kultur, mit all dem im Nahen Osten auskenne.

Ziemlich am nördlichen Ende des Toten Meeres fanden wir einen offiziellen Strandabschnitt. Den ersten Schockmoment über die vielen Reisebusse vor Ort und den hohen Eintrittspreis versuchten wir mit einem Kopfsprung ins Tote Meer zu betäuben. Was in dem Moment eine nicht ganz so gute Idee war, denn das Salzwasser brannte im Gesicht wie Feuer. Und eine richtige Abkühlung stellte das knapp 30Grad warme Wasser auch nicht unbedingt dar, dafür war es ein sehr lustiges Erlebnis, die Schwerkraft einmal fast komplett auszuhebeln.

Palmen am Ufer des Toten MeeresAm Toten Meer in IsraelBlick auf das Tote Meer in IsraelBadestelle am Toten Meer

Danach stand am Abend eins der Highlights, aber auch irgendwie die größte Enttäuschung auf dem Programm – Jerusalem. Aber dazu weiter unten mehr.

Gefahrene Kilometer: ca. 225km

 

Tag 18 der Allgäu-Orient-Rallye: Israel und die Heilige Stadt, hilflos hinter der Feuerwehr und ein grenzenloses Festival.

Jerusalem klingt eigentlich wie Musik in den Ohren. Wie ein Lied, das Ruhe und Würde ausstrahlt, mit einem epischen und lauten Refrain. Doch irgendwie hat sich in das Lied PSY mit Gangnam Style eingeschlichen. Am Anfang zwar noch leise, bald darauf aber schreiend laut, bis man sich fast die Ohren zuhalten muss.

Auch wenn ich absolut nicht religiös bin, so löste diese Stadt schon immer eine gewisse Faszination in mir aus. Grundlage und auch Zentrum einiger der größten Religionen dieser Welt, steht sie da, ziemlich unscheinbar sogar. Dank dem Team Kamelroas bekamen wir eine private und wirklich spannende Führung durch die Altstadt, vorbei am Grab Jesu und der Klagemauer. Nur um keine 100m davon entfernt auf Stände mit „Hello Kitty“ – Shirts und „I love Jerusalem“ – Taschen zu treffen. Mit einem wohl etwas verklärten Blick habe ich mir doch etwas anderes vorgestellt. In dem kurzen Moment unseres Besuchs hat Jerusalem für mich irgendwie die Würde verloren, die ich mir davor vorgestellt hatte. Aber eigentlich möchte ich mir kein Urteil erlauben, was schließlich in Anbetracht der Geschichten, die die Stadt, ihre Bewohner und jeder einzelne Stein erzählen könnten, ziemlich vermessen wäre. Ich habe wieder einmal gemerkt, dass ich noch viele Bücher lesen und noch mehr Gespräche führen muss, um auch nur annähernd den ganzen Umfang verstehen zu können. Aber eins weiß ich gewiss: Religion ist und bleibt für mich ein rotes Tuch.

Maenner an der Klagemauer in JerusalemBlick auf die Klagemauer in JerusalemBlick auf die Altstadt Jerusalems

Zurück bei den Autos angekommen, gab eins unserer Teammitglieder doch glatt den Satz des Tages von sich: „Endlich mal was los hier.“ Dabei ging es nicht um die Stadt oder das Sightseeing, sondern um die Tatsache, dass der BMW vom Team meh. ein Leck in der Leitung der Servolenkung hatte und abgeschleppt werden musste. Zeit für eine Reparatur blieb in dem Moment keine. Bis 15Uhr mussten wir an der jordanischen Grenze kurz unterhalb von Syrien sein, da diese ab dann für den Rest des Tages geschlossen wurde. Wir packten die Abschleppstange aus und hingen das kleine Auto hinter die große Feuerwehr. Kurz nach Jerusalem riss aber die Abschleppöse am BMW, mit geballter Manneskraft entfernten die Jungs mehrerer Teams die Schürze und befestigten die Stange direkt am Rahmen. So fuhren wir in Kolonne die nächsten 2 Stunden durch Israel, inkl. einiger Überholmanöver.

Team Meh in JerusalemAbschleppstange an BMWTanken in Israel

An der Grenze angekommen bekam dann der BMW, bei einem kleinen Auffahrunfall mit der Feuerwehr, den perfekten Rallyelook verpasst: Fehlende Stoßstange, Wüstenstaub und eine verbeulte Motorhaube. Für die Einreise nach Jordanien brauchten alle Teams gut 4 Stunden, Anmeldung und Versicherung zogen sich bis zum Sonnenuntergang. In der Zwischenzeit wurden die Klappstühle ausgegraben, Bierdosen wechselten den Besitzer, Musik drang aus diversen Lautsprechern – Festivalstimmung an der israelisch-jordanischen Grenze.

Gefahrene Kilometer: ca. 135km


Alle bisher erschienenen Artikel über die Allgäu Orient Rallye:

• take an adVANture goes Orient – Allgäu Orient Rallye.

• Der Post-Travel-Blues und seine Nebenwirkungen.

• Tagebuch Allgäu-Orient-Rallye. Tag 1-4: Von Deutschland bis in die Türkei.

• Tagebuch Allgäu-Orient-Rallye. Tag 5-6: Mehrmals quer durch Istanbul.

• Tagebuch Allgäu-Orient-Rallye. Tag 7-14: Türkei – Ein Roadtrip von West nach Ost nach Süd.

• Tagebuch Allgäu-Orient-Rallye. Tag 15-18: Kreuz und quer durch Israel.

• Tagebuch Allgäu-Orient-Rallye. Tag 19-23: Auf Abwegen in Jordanien.

Volvo 850 als Rallyefahrzeug

Und falls ihr selbst einen Roadtrip durch Israel plant, dann empfehle ich euch folgende Artikel:

• Bei Katrin von viel unterwegs gibt es tolle Tipps für eine individuelle Reise durch Israel: >> HIER entlang <<

• Marianna vom Weltenbummlermag erzählt eine faszinierende und zugleich auch verstörende Geschichte über die Grenzmauer zum Westjordanland: >> HIER entlang <<

• Mandy von Movin’n’Groovin schreibt in mehreren Artikeln über ihren Roadtrip durch Israel: >> HIER entlang <<


Israel ist ein Land für alle Sinne – für Mund, Nase, Augen und Ohren. Außerdem zeigt sich hier mal wieder, dass man das, was in unseren Medien so publiziert wird, oftmals nicht glauben kann. Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt unsicher gefühlt, einzig einen kurzen Moment etwas unwohl, aufgrund des geballten religiösen Fanatismus in Jerusalem. Ansonsten habe ich die Zeit sehr genossen und ich werde definitiv schon bald wiederkommen.

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