Geschichten vom Reisen: zu Gast bei Hans.

von Elisa | take an adVANture
Fuerteventura

Kennt ihr solche Leute, deren Lebensgeschichte ihr wahnsinnig faszinierend findet, ihr aber euch nie so ein Leben vorstellen könntet? So ging es mir an einem der ersten Tage auf Fuerteventura. Meine Laune war noch immer nicht so richtig in Höchstform, denn irgendwie war es hier doch keine erhoffte Liebe auf dem zweiten Blick. Das erzähle ich euch aber in einem nächsten Artikel noch genauer.

Nach einer eher mäßig gelungenen ersten Surfsession sind wir am Nachmittag mit unseren Boards zu einem Boot im Hafen von Corralejo gepaddelt. Schon von weitem stach das Boot zwischen all den weißen Yachten auf blauem Hintergrund hervor. Für einen kurzen Moment fühlte ich mich wie Jack Sparrow mit Blick auf eine Miniaturausführung der Black Pearl.

Geschichten

 

GESCHICHTEN VOM REISEN.

Wir haben den restlichen Nachmittag bis weit nach Sonnenuntergang auf dem Boot von Hans verbracht. Hans ist geschätzte 50 und segelt seit Jahren über die Ozeane der Welt. Nicht aber mit einer stabilen Luxusyacht, sondern mit einem komplett aus Holz selbstgebauten Katamaran. Und das fast immer alleine. Ich würde ja jetzt gerne mit den ganzen Fachbegriffen um mich werfen und euch ganz hochtrabend fachmännisch den Aufbau des Bootes erklären – ich hab aber absolut keine Ahnung davon. Ich versuche es mal auf die laienhafte Art und Weise: Es hatte zwei Rümpfe, die mit einer steifen Holzebene, auf der sich eigentlich das ganze Seeleben abspielte, verbunden sind. In einem Rumpf befand sich die Küche mit einem Gasherd, ein Schlafraum und Lagerfläche. Und auf der anderen Seite gab es weitere Lagerflächen und ein ziemlich großes Bücherregal. Es gab einen mit Benzin betriebenen Motor und natürlich das Segel, das aber die ganze Zeit während wir da waren eingefahren war. Mittlerweile ist es auch schon sein zweites Boot, mit einer Bauzeit von rund 4 Monaten war er 6 Monate schneller als beim ersten. Den Sommer letzen Jahres segelte Hans durch die Karibik und jetzt lag er seit einigen Wochen vor den Kanaren vor Anker.

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Es gab keinen technischen Schnickschnack, auch eine richtige Toilette suchte man vergeblich. Die Küche war spartanisch, rustikal, aber mit allem nötigen ausgestattet. Genau daneben befand sich der kleine Schlafbereich. Eine Art Toilettenschüssel gab es zwar auf der gegenüberliegenden Seite, aber vor Blicken schützende Wände oder eine richtige Spülung waren quasi nicht vorhanden. Alternative Nummer 2 sah übrigens so aus, dass man am Heck des Boots so weit nach unten klettert, bis man den Popo ins Wasser halten kann. Und dann? Ich sag nur: laufen lassen!

Mit uns hatte sich Hans auf die Suche nach der besten Welle der Insel gemacht. Fündig sind wir dann vor Lobos geworden, jedoch etwas abseits der berühmten Welle. Nur leider nicht für mich surfbar, dank einer fiesen Grippe fehlte mir die Kraft und ich durfte den anderen nur vom Boot aus zuschauen. Das schmerzte. Und wie das dann immer so ist, bin ich natürlich auch seekrank geworden. War ja klar.

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So gingen die Stunden ins Land. Wir haben den Profis bis in die Dunkelheit hinein beim Wellenreiten zugesehen, in der Hoffnung, dass wir auch irgendwann so weit sind. Um dem Adrenalinspiegel am Ende des Tages dann doch noch einen kleinen Kick zu versetzen, sind wir nicht ganz legal mit dem Boot am Hafen angedockt. Alle Lichter wurden gelöscht und wir mussten mucksmäuschenstill schnellstmöglich mit den Surfbrettern und unserem ganzen Zeug von Board klettern. Dummerweise haben wir aber die Autofähre blockiert und wurden dann doch erwischt. So ein Boot ist kein Auto, mit dem man sich einfach aus einer Parklücke herausmanövrieren kann. In die Lücke zwischen Hafeneinfahrt und Fähre rein ging es relativ leicht, aber beim hektischen „Ausparken“ wurde 2 mal die Kaimauer gestreift und der Abstand zwischen Fähre und Boot war wirklich knapp. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass das Holzboot den kürzeren gegen die Autofähre gezogen hätte. Außer einer Verwarnung und den finsteren Mienen des Hafenpersonals blieb die Aktion anscheinend ohne nennenswerte Konsequenzen. 

Geschichten

Es war ein faszinierender Tag mit einer noch faszinierenderen Geschichte. Hans hatte noch nie in einem klassischen Bürojob gearbeitet. Schon in seinen zeitigen Zwanzigern verdiente er sein Geld damit, dass er die Segelboote für zahlende Kunden von einem Ort zum anderen brachte. Quasi als Art Dienstleistung. Für mich könnte ich mir so ein Leben aber nicht vorstellen. Auf dem Boot gab es zwar alles, was man fürs Leben braucht. Und eigentlich hat Hans sein Zuhause immer mit dabei. Aber mein Zuhause ist da, wo meine Freunde sind. Und meine Familie. Da, wo ich mich wohl fühle. Ich brauche einen festen Lebensmittelpunkt. Und die Nähe der Berge.

Kennt ihr auch solche inspirierenden Lebensgeschichten? Oder lebt ihr vielleicht sogar ein ähnliches Leben?

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2 Kommentare

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Jutta 28. April 2015 - 04:36

Faszinierender Bericht! Für mich wäre das auch nichts, aber es gibt Menschen, die ihr Leben ohne Kompromisse leben möchten. Ich frage mich immer wo – und wie – sie „stranden“, wenn sie ihren selbst gewählten Lebensstil nicht mehr aufrecht erhalten können. Ist irgendwie ein trauriger Gedanke, denn mir fällt dazu kein glückliches Ende ein! Grüße, Jutta

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Elisa
Elisa 28. April 2015 - 20:17

Hallo Jutta, danke dir!
Das stimmt, aber bei ihm hatte ich den Eindruck, dass er sein Leben bis zum Ende so leben wird. Einen anderen „klassischen“ Lebensstil kennt er auch nicht. Wäre aber mal interessant ihn in 10 Jahren wieder zu treffen.
Lieben Gruß

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